"Töte zuerst! – Der israelische Geheimdienst Schin Bet" - Eine Dokumentation des WDR

23.04.2021

Tipp - Der Artikel ist lang - Öffnen Sie ihn im Microsoft Edge Browser - Mit der Kombination von Tastatur Vorlesen Edge Browser schalten Sie den Lesemodus ein - der Text wird Ihnen dann vorgelesen. Klappt übrigens auf allen Web-Seiten und in verschiedenen Sprachen. Andere Browser werden dies sicher auch bald können.

Dieser Dokumentarfilm von Dror Moreh aus dem Jahr 2013 ist einer der eindrucksvollsten den ich je gesehen habe. Wir kennen es aus der Geschichte, auch der US-Verteidigungsminister Robert McNamara (1961 - 1968), einer der Hauptverantwortlichen des blutigen Vietnamkriegs, ist im hohen Alter zum Pazifisten geworden und offen den Irak-Krieg verurteilte ... doch das in einem Film sich 6 ehemalige Direktoren des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet - zusammengenommen die Zeit von 1980 bis 2011 - kritisch zur israelischen Kriegspolitik gegen die Palästinenser äußern, das ist echt sehenswert. Man erfährt aus erster Hand die blutige Geschichte Israels und Palästinas.

 

Die Gesprächspartner

Avraham Shalom

Yaakov Peri

Carmi Gilon

Ami Ayalon

Avi Dichter

Yuval Diskin

Der Film wurde in der ARD am 17.08.2016 um 23:25 Uhr gezeigt. Die ARD resümierte den Film wie hier zu sehen ist.

Diese offene Kritik ist sicher auch der Grund, warum der Film heute, auch nach dem Gewinn internationaler Preise, so gut versteckt wird. Aus den üblichen Videokanälen YouTube oder Vimeo fehlt er, einzig bei Amazon Prime Video ist er gelistet, jedoch ebenfalls nicht mehr zu sehen. (Stand 22.04.2021)

Für Interessierte habe ich - aus rechtlichen Gründen - hier eine Mitschrift, das Video darf hier nicht verbreitet werden, für eine Mitschrift sollte es jedoch keine Hindernisse geben.

 

Mitschrift der Interviews des Films

WDR.Dok "Töte zuerst - Der israelische Geheimdienst Schin Bet"

Vorspan - schriftlich eingeblendet: "Schin Bet heißt der israelische Inlandsgeheimdienst. Seine Aufgaben sind der Schutz Israels vor Terrorismus, Spionage und Landesverrat.

Seit dem Sechstagekrieg von 1967 ist der Schin Bet Kommandozentrale aller Geheimdienstoperationen in den besetzten Gebieten Westjordanland und Gaza-Streifen.

Nur wenige Menschen sind an allen Entscheidungen über die nationale Sicherheit Israels beteiligt. Die Direktoren des Schin Bet gehören dazu. Sie sind die einzigen Mitglieder des Schin Bet, deren Identität öffentlich bekannt ist.

Niemals zuvor haben sie in Interviews über Ihre Arbeit gesprochen."

 

Hintergrund: Aufnahmen einer "gezielten Tötung" durch eine Drohne

Yuval Diskin Direktor 2005-2011
"Als Direktor des Geheimdienstes begreift man schnell, dass Politiker einfache Lösungen wollen. Sie mögen es nicht, wenn man ihnen drei oder vier Möglichkeiten aufzeigt. Sie wollen das man ihnen sagt tue dies oder tue das. Aber als Kommandeur gerate ich immer wieder in Grauzonen. Du triffst auf einen Terroristen, den du schon lange jagst, du hast die Chance ihn zu töten. Aber in seinem Auto sitzen zwei drei andere Leute, die vielleicht nichts mit Terrorismus zu tun haben. Was machst du? Schießen oder nicht schießen? Du hast wenig Zeit, Minuten, vielleicht Sekunden. Und die Leute erwarten eine Entscheidung, damit meinen sie, du sollst handeln. In dieser Situation zu sagen, wir machen nichts scheint einfacher, ist aber oft viel schwerer.

Es mag eine super saubere Aktion sein, niemand verletzt, außer dem Terroristen. Und doch gibt es danach immer wieder Momente, da bleibt das Leben stehen, nachts, beim Rasieren, im Urlaub. Jeder kennt das. Dann sagst du dir, okay, ich musste eine Entscheidung treffen und Menschen sind gestorben, Menschen die mit Sicherheit einen schweren Terroranschlag verüben wollten. Niemand anderes wurde verletzt, es war die sauberste Sache die man sich vorstellen kann. Und trotzdem denkst du, das ist doch nicht normal, diese Macht das Leben von Menschen, wenn auch Terroristen, in einer Sekunde auszulöschen."

 

Einblendung: Titel der Dokumentation

Spracheinblendung: 1967 - Nach dem Sechstagekrieg im Nahen-Osten erklärten israelische Regierungsvertreter das der Krieg zu neuen Grenzen mit den Nachbarstaaten geführt habe. Der Sieg war schnell und total. Israels vereinte Streitkräfte, Luftwaffe, Infanterie, Artillerie, Panzer, brachen im Süden bis zur Halbinsel Sinai und zum Suez-Kanal durch. Im Osten bis zum Jordan und im Norden bis ins Innere Syriens.

Plötzlich befanden sich bis zu einer Million Palästinenser unter der Herrschaft Israels wieder, im Westjordanland und in Gaza. ...

 

Frage: "Wie alt waren sie im Sechstagekrieg?"

Yuval Diskin Direktor 2005 - 2011
"Ich war 11 Jahre alt. Ich verstand nicht genau, was Krieg eigentlich war, aber ich erinnere mich, dass ich Angst hatte. Ich weiß nicht, ob ich verstanden habe was passierte, aber ich weiß, dass ich Angst hatte. Es war eine schwere Zeit. Ich erinnere mich vor allem an ein Buch, ich habe es immer wieder gelesen, es hieß "Wenn Israel im Krieg besiegt worden wäre". Darin wurde beschrieben, was passiert wäre wenn wir tatsächlich verloren und die Araber Israel besetzt hätten. Wie wäre das gewesen? Das hat großen Eindruck auf mich gemacht und mein Denken geprägt. Als Kind hat mich das lange beschäftigt."

Texteinblendung: Keine Strategie, nur Taktik

Hintergrund: Filmaufnahmen gefangener arabischer Zivilisten

 

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Im 6-Tagekrieg habe ich Einsätze geleitet, die Araber hatten sich ergeben, und plötzlich hatten wir keinen Feind mehr.

Du bist wie ein Hund der einen Hasen jagt, der versteckt sich in seinem Bau unter der Erde, der Hund kann ihn nicht finden. So war das damals.
Dann sind wir ins Westjordanland und in den Gaza-Streifen gegangen. Es ging um Anti-Terror-Operationen.

Allerdings hatten wir keine Ahnung, was Terrorismus wirklich ist. Den gab es in dieser Form noch gar nicht."

Hintergrund: Friedliches arabisches Stadtbild

 

Yuval Diskin Direktor 2005 - 2011
"Ich habe als Geheimdienst-Koordinator in Nablus angefangen. Es war ein schönes Gebiet. Viele Olivenbäume. Ich bin dort herum gefahren und auch viel zu Fuß unterwegs gewesen. Durch Flüchtlingslager, Gassen, ich war überall, klopfte an, ging hinein. Ich setzte mich zu den Leuten in den Cafés. Ich habe diese Kontakte sehr gemocht. Diese Begegnungen mit den Bauern führten mich mitten ins Herz des palästinensischen Problems. Ich habe auch in den Flüchtlingslagern gearbeitet."

Hintergrund: Palästinensisches Flüchtlingslager

"Plötzlich verstehst Du wirklich, was es bedeutet Flüchtling zu sein. Dann habe ich mir gesagt, Moment mal, du bist kein Beobachter, du bist Teil des Spiels. Ich war eben der Mann vom Geheimdienst, ich stand auf der anderen Seite."

 

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Wir suchten unter den Palästinensern Leute mit denen wir reden konnten, um zu verstehen was sie bewegte. Erstmals kam die Idee eines palästinensischen Staates auf, ausgerechnet von jüdischer Seite. Ich war davon begeistert. Ich bin dann ins Westjordanland gefahren, mit einigen Leuten, die mit den Palästinensern zu tun hatten.

Wir wussten selbst nicht genau was wir wollten, wir hatten von den Politikern keine Vorgaben bekommen. Wenn dir die Politiker keine Vorgabe geben, dann ist das wie die Geschichte mit dem Hund und dem Hasen. Du gehst auf die Suche."

Hintergrund: Hebron, militärische Aktionen nach Anschlag

Spracheinblendung:
Über die Zitadelle von Hebron wurde eine Ausgangssperre verhängt nachdem dort ein israelischer Soldat getötet und sein Kamerad verwundet worden waren. Bei einer Patrouille waren Schüsse gefallen, der eine war verletzt worden, der andere hatte die Angreifer verfolgt und wurde ermordet aufgefunden.

 

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Im Laufe der Zeit nahm der Terror zu, zynisch gesagt, zu unserem Glück. Was meine ich damit: Wir bekamen dadurch endlich wieder etwas zu tun. Wir hörten auf uns mit dem palästinensischen Staat zu beschäftigen. Verstehen sie das?"

Antwort: "Natürlich."

"Statt dessen orientierten wir uns auf die Terrorbekämpfung. Der Terror wurde immer raffinierter, und wir auch. Wir hatten viel Arbeit, im Westjordanland, im Gaza-Streifen, auch im Ausland. Die palästinensische Frage wurde nebensächlich für uns."

 

Yaakov Peri Direktor 1988 - 1994
"Als es damals in Nablus von Terroristen nur so wimmelte haben wir massenweise Leute verhaftet, in manchen Nächten Hunderte."

Hintergrund: Israelisches Gefangenenlager für Palästinenser

"Wir nahmen ganze Dörfer ein, brachten die Männer auf einen Platz - vor der Moschee oder einen Schulhof, wer geständig war wurde vermumt und in ein Auto gesetzt. Die anderen Dorfbewohner mussten an dem Wagen vorbei gehen. Die Geständigen zeigten uns dann, der da ist ein Terrorist, der hat in Al Ama in Syrien trainiert, der da ist  auch ein Terrorist, der kommt aus Jordanien. Nicht alle haben kooperiert, aber meistens machten wir einen guten Fang.

Unsere Nachrichtenbeschaffung lief nach der sogenannten Human-Methode, Human - wir bekamen die Informationen also von Menschen, entweder von Agenten oder durch verhöre von Häftlingen."

 

Hintergrund: Innenaufnahmen eines israelischen Gefängnisses

Carmi Gilon Direktor 1994 - 1996
"An meinem ersten Arbeitstag hat mein Vorgänger, den ich ablösen sollte, mich geholt. Er meinte das der beste Ort mich Anzulernen das Gefängnis in Jerusalem sei, der Ort, wo die Verhöre statt finden. Dort begann meine Ausbildung zum Agenten.

Ich weiß nicht, ob sie schon einmal ein Gefängnis von innen gesehen haben, das in Jerusalem ist das schrecklichste das ich kenne. Das Gebäude haben schon die Türken genutzt. Wenn ein normaler Mensch dort hinein gerät ist er sofort bereit den Mord an Jesus Christus zuzugeben.

Man muss den Verdächtigen unter Druck setzen, ihm klar machen das es schlimmer wird, bis er aussagt, je früher desto besser, für ihn.

Der Schin Bet hat 10-tausende wenn nicht gar 100-tausende verhört."

... hier weiter 13:34

- Busentführung Bus 300 12. April 1984 - Ashkelon - Richtung Gaza entführt
Militär stürmt - 2 tote Entführer und 2 unverletzt verhaftet - Fotos belegen dies - Dann hat der SB die Gefangenen übernommen - sie wurden vorher vom Militär schwer verprügelt.

 

Avi Dichter Direktor 2000 - 2005
"Der Bus befand sich im Gebiet von Dei-El-Balach, also außerhalb meines Distrikts, früh morgens bekam ich einen Anruf, der Bus sei gestürmt worden, 2 Terroristen verhaftet und zum Verhör gebracht. Aber in den Nachrichten hieß es alle Terroristen sind tot. Da habe ich zu meiner Frau gesagt, die Sache stinkt."

Bildeinblendung: Zeitungsausschnitt eingeblendet - Titel "Der Terrorist, der von den Sicherheitskräften tot-geprügelt wurde".

 

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Die Armee hat die Sache übernommen, 2 Terroristen wurden getötet, 2 weitere blieben offenbar unversehrt. Das wusste ich aber nicht. Die beiden wurden übel zusammengeschlagen, dann hat der SB sie übernommen. Ich habe Ehud, den Chef des Einsatzes gefragt, in welchem Zustand sind die. Er sagte sie sind fast tot, oder haben das die Soldaten gesagt? Dann sagt ich "Schlagt sie weiter - macht ein Ende". ... ich denke er nahm einen Stein und schlug ihnen den Schädel ein ... Es gibt dieses Foto, aber das war bevor sie zusammengeschlagen worden, die Soldaten haben sich auf sie gestürzt, das Foto wurde vorher gemacht - so sahen sie nicht mehr aus als wir sie übernahmen.

Das war Lynchjustiz."

 

Carmi Gilon - Direktor 1994 - 1996
"Ich weiß nicht ob sie schon einmal ein Gefängnis von innen gesehen haben, das in Jerusalem ist das schrecklichste das ich kenne, das Gebäude haben schon die Türken genutzt. Wenn ein normaler Mensch dort rein kommt ist er sofort bereit den Mord an Jesus Christus zuzugeben."

 

Ami Ayalon - Direktor 1996 - 2000

"Wir haben einen Terroristen getötet, dessen Hände gefesselt waren, der für uns keine Bedrohung mehr war. Mit welchem Recht? Aber es war im Geheimdienst damals nicht vorstellbar, dass ein Befehl offenkundig rechtswidrig sein konnte.

Es ist eine schwierige Frage, wusste der Premierminister von einem vorsätzlichen Mord, dem Plan die Terroristen zu töten, die bei der Operation Bus 300 festgenommen wurden? - oder konnte der Geheimdienst-Chef solche Entscheidungen selber treffen?"

 

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Perez gab ihm freie Hand, wenn er nicht erreichbar war sollte er entscheiden Personen zu töten.

Ich habe PM Shamir meinen Rücktritt direkt am Tag danach angeboten. Er sagte wage es ja-nicht. Er befürchtete das das seinen eigenen Rücktritt zur Folge hätte. Er sagte zu Perez und Rabin der damals Verteidigungsminister war, ihr habt auch solche Tötungen genehmigt, wenn ihr mich jetzt fallen lasst, werdet ihr mit uns untergehen.

Ich hätte es niemals für möglich gehalten, das sie ein Jahr später umfallen und behaupten, wir wussten von nichts."

 

Frage: "Warum haben sie den Befehl zum Töten gegeben?"

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Ich wollte keine lebenden Terroristen mehr vor Gericht sehen, das hätte zu noch mehr Terrorakten geführt. Der Terror eskalierte aber auch so."

Frage: "War die Tötung richtig?"

"Wenn man das Resultat sieht NEIN.

Ohne die Presse hätte niemand etwas davon erfahren."

Frage: "Und die Moral?"

"Wenn es um Terror geht gibt es keine Moral. Wo ist denn die Moral bei einem Terroristen?"

Frage: "Aber wenn er sich ergeben hat?

"Das ist kein moralisches Problem. Im Kampf gegen den Terror vergessen sie die Moral, bei Bomben vergessen sie die Moral"

 

Yuval Diskin 2005 - 2011
"Die erste Intifada war eine spontane Reaktion - ein Volk erhebt sich um uns raus-zuschmeißen."

 

Avi Dichter Direktor 2000 - 2005
"... Hunderte, Tausende marschierten, und man konnte sie nur mit scharfer Munition aufhalten.

Kein Geheimdienst der Welt hatte eine so lange Fahndungsliste wie wir, es ging um Dutzende an jedem Ort, Hunderte in jedem Gebiet, Tausende."

 

Yaakov Peri Direktor 1988 - 1994
"In Wahrheit haben alle Geheimdienste versagt historische Ereignisse vorherzusehen.

Man fragt sich was ist hier falsch gelaufen, es ist nicht wie wir herrschen, sondern dass wir uns überhaupt darauf eingelassen haben, wir hätten abziehen sollen bevor sie uns rauswerfen wollten.

Seit 1967 war ich immer der Ansicht wir hätten eine Einigung finden und aus den besetzten Gebieten abziehen können.

Eines Mannes Terrorist ist des anderen Mannes Friedenskämpfer."

1994 Busanschlag auf Linie 5 - erster Selbstmordanschlag

 

Carmi Gilon Direktor 1994 - 1996
"Es gab immer mehr Selbstmordattentate, meist verübt von der Hamas, und wir wendeten bei Verhören immer häufiger körperliche Gewalt an."

Folter aller Art ...

 

Ami Ayalon Direktor 1996 - 2000
"Rabin sagte: Wir bekämpfen den Terror als ob es keinen Friedensprozess gibt und setzen den Friedensprozess fort, als ob es keinen Terror gibt."

Attentate auf arabische Bürgermeister von Juden verübt.
Der Geheimdienst hat versagt - keine Daten im Register

Nach einem halben Jahr: Politiker waren in der Terrorgruppe - Sie brachten Bomben an Bussen an - 17 wurden Festgenommen - planten die Sprengung des Felsendoms ...das wäre der Beginn eines totalen Kriegs ... Islam gegen Judentum ... Plan Hamagedon auslösen ...

Die Täter wurden vor Gericht gestellt, 3 bekamen lebenslänglich, aber sie alle kamen sehr schnell wieder frei, sie gingen nach Hause als wäre nichts passiert und kehrten zurück in ihre alten Positionen, manche wurden sogar befördert.

Unser Parlament, die Kneseth Iraels hat alle Mitglieder des jüdischen Widerstands wieder freigelassen. Durch ein Amnestiegesetz, unterzeichnet von PM Shamir."

 

Ami Ayalon Direktor 1996 - 2000
"Jedes Jahr haben wir mehr Anschläge vereitelt, jedes Jahr haben wir die Sicherheit erhöht. Wie kam das? Weil wir uns anders aufgestellt haben. Aber hier muss die Wahrheit gesagt werden, den größten Erfolg hatten wir durch die Zusammenarbeit mit den Palästinensern.

Denn ich traf mich mit den höchsten palästinensischen Sicherheitsleuten, einmal im Monat, um unsere Operationen zu koordinieren. Sie haben mir immer wieder gesagt, wir sind nicht deine Erfüllungsgehilfen, wir stecken die Leute der Hamas nicht dir zuliebe ins Gefängnis, wir tun dies nur weil unser Volk glaubt dass wir eines Tages einen eigenen Staat neben dem Staat Israel haben werden. Wenn wir diesen Glauben verlieren, kannst Du uns vergessen."

 

Yaakov Peri Direktor 1988 - 1994
"So sehr es der erklärte Wille von Shimon Perez und Yzaak Rabin war, eine Einigung zu erzielen, so sehr schwand dieser Wille nach dem Tod Rabins. Israels Bereitschaft zu Verhandlungen verkümmerte. untertrieben ausgedrückt."

 

Ami Ayalon Direktor 1996 - 2000
"Es gab kein Vertrauen, weder auf der palästinensischen Seite noch auf der israelischen. Wir wollten Sicherheit und bekamen Terror, sie wollten einen palästinensischen Staat und sahen immer mehr israelische Siedlungen. Als wir Ende 1993, Anfang 1994 mit dem Osloer Verhandlungen begannen, lebten 100.000 Siedler im West-Jordanland und Gaza. Ich habe dabei Jerusalem ausgeklammert. Nach 6, 7 Jahren im Sommer 2000, als der Friedensprozess zum Stillstand kam, waren es mehr als 220.000 Siedler.

Es war klar dass wir auf eine neue Intifada zusteuerten, ausgelöst von einem Volk das glaubt das es nichts mehr zu verlieren hat.

Im Jahr 2002 fuhr ich nach London, die Intifada tobte, es war die Hölle. Wir fuhren also nach London, eine Gruppe Israelis und eine Gruppe von Palästinensern, um zu schauen ob wir irgend etwas ausrichten können. Irgendwann holte ich mir eine Kaffee und ein Palästinensischer Bekannter kam auf mich zu, er hieß Jihad Sarrach und der war Psychiater. Er sagte Ami, wir haben euch endlich besiegt, ich sagte bist du verrückt geworden? Was meinst Du mit besiegt? Ihr verliert hunderte Menschen, und wenn es so weitergeht tausende. Das bisschen Staat was ihr habt werdet ihr auch verlieren. Und euren Traum von einem eigenen Staat sowieso. Das nennst du Sieg? Er erwiderte, Ami, du verstehst uns bis heute nicht. Siegen bedeutet für uns euch leiden zu sehen. Das ist alles was wir wollen. Und solange wir leiden, werdet auch ihr leiden. Er sagte "Endlich. nach 50 Jahren haben wir ausgeglichene Verhältnisse erreicht, ein Kräftegleichgewicht. Eure Kampfflugzeuge gegen unsere Selbstmordattentäter."

blaues hemd
- Gezielte Tötung eines Hamasfunktionärs Salach Schahadar ?)
"Irgendwann wussten wir dass er zu-hause war, mit seiner Frau, aber ohne seine Tochter.

Am Telefon einigten wir uns über das weitere Vorgehen, der Generalstabschef, der Verteidigungsminister, der PM und ich. Die Luftwaffe warf eine Bombe mit der Sprengkraft einer Tonne auf sein Haus ab. Leider wurden dabei Unschuldige getötet, keiner weiß genau wie viele, zwischen 9 und 14."

Frage: "Wenn man eine Bombe mit einer Tonne Sprengkraft auf ein dicht besiedeltes Gebiet abwirft dann ist doch klar, dass unschuldige verletzt werden."

"Nein das war nicht klar, man sammelt Informationen man prüft ,wo wohnen Menschen, wie viele, und wer, wie groß ist die Chance zu treffen."

 

Avi Dichter Direktor 2000 - 2005
"Kollateralschäden gaben natürlich Anlass zur Kritik daran, das man eine Bombe auf ein Haus mitten in Gaza abwirft. Ein Amerikaner hat mich einmal darauf angesprochen, ich habe nur gesagt, ich kenne eure Methoden in Afghanistan, ihr habt eine Bombe auf eine Hochzeitsfeier abgeworfen, 70 Menschen sind dabei ums Leben gekommen, keiner weiß ob der Gesuchte dabei war."

 

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Overkill ist eine Dummheit, geheimdienstlich und militärisch, ich weiß´nicht wie ich es sonst nennen soll, es ist nicht hinnehmbar das man um einen Menschen zu töten, und sei es die wichtigste Person in ganz Gaza, eine Bombe von einer Tonne auf ein Haus wirft, wenn da überall Familien mit ihren Kindern wohnen. Das ist unmoralisch, das ist militärisch nicht effizient. Und ganz sicher unmenschlich. Und gerecht - auch das nicht."

 

Ami Ayalon Direktor 1996 - 2000
- Gezielte Tötungen sind einfach unwirksam

 

Avi Dichter Direktor 2000 - 2005
"Man kann keinen Frieden mit militärischen Mitteln schaffen. Frieden kann sich nur auf Vertrauen gründen, ohne Militär. Wir müssen Vertrauen schaffen, wenn wir Frieden wollen. Als ein guter Kenner der Palästinenser behaupte ich, dass es durchaus möglich ist eine echte Vertrauensbasis herzustellen."

 

Carmi Gilon  Direktor 1994 - 1996
"Wir müssen das Gespräch mit dem Feind suchen, solange der dazu nicht bereit ist haben wir keine Möglichkeit, aber wenn wir nicht mit ihnen reden machen wir einen Fehler."

Frage: Sind sie dafür mit allen Feinden zu sprechen?

 

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Ja, mit jedem, auch wenn sie unverschämte Antworten geben. Trotzdem müssen wir weiter reden. Es gibt keine Alternative."

Frage: "Wozu?"

"Gesprächen."

Frage: "Auch mit Hamas und Dschihad?"

"Ja mit allen, sogar mit Ahmadineschad, und mit wem auch immer. Ich bin dafür. Das macht doch den Geheimdienst-Profi aus, mit allen zu reden, nur so schafft man Klarheit. Dann sehe ich das er kein Glas isst und er das ich kein Benzin trinke. So ist das."

Frage: Ich möchte ihnen vorlesen was Prof. Leibowitz, ein großer Kritiker der Besatzung, ein Jahr nach dem 6-Tage-Krieg schrieb "Ein Staat der über eine feindliche Bevölkerung von 1 Mill. Ausländer herrscht wir zwangsläufig zu einem Geheimdienst- und Überwachungsstaat mit negativen Folgen für die Meinungsfreiheit und die Demokratie. Der Staat wird zu einem korrupten Kolonialregime das die Araber unterdrückt und sich Verräter heranzieht.

Frage: "Was sagen sie zu dieser Prophezeiung wenn sie auf das heutige Israel schauen?"

 

Avi Dichter Direktor 2000 - 2005
"Ich denke er hat recht."

Frage: "Könnten sie ins Detail gehen"

"Das bringt nichts. Jedes Wort trifft 100%-ig zu."

Frage: "Also glauben sie das Israel heute so ist?"

"Meiner Meinung nach ist das eine präzise Beschreibung der Realität die sich seit 1968 entwickelt hat. Ich wäre nicht soweit gegangen von einem Geheimdienststaat zu sprechen, aber ohne Zweifel ist die Realität in der wir und die Palästinenser sich befinden dem sehr ähnlich was Leibowitz beschrieben hat."

Helmkamera-Film einer nächtlichen Hausdurchsuchung des Militärs in einer Wohnung von Palästinensern.

 

Yaakov Peri Direktor 1988 - 1994
"Um Mitternacht kommst Du an die Tür und weckst eine schlafende Familie. Das Weinen der Mutter, die letzten Momente des Abschieds von dem Verdächtigen, den du aus den Armen seiner Familie reißt. Keine leichten Augenblicke, du siehst eine leidende Familie. Am schwersten ist was da zwischen Eltern und Kindern vorgeht, es prägt sich in dir tief ein. Wenn Du dann aus dem Dienst ausscheidest stehst du politisch ein wenig links."

 

Carmi Gilon Direktor 1994 - 1996
"Wir machen das Leben von Millionen Menschen unerträglich, verlängern das Leid maßlos. Wir geben wichtige Entscheidungen in die Hände eines jungen Soldaten, der erst wenige Monate in der Armee ist, gerade erst die Schule hinter sich hat. Der Soldat steht dann vor einem palästinensischen Vater mit seiner Tochter im Arm und muss entscheiden, soll er Mann und Kind durchsuchen, oder sie einfach durch lassen. So was macht einen kaputt."

 

Avraham Shalom Direktor 1980 - 1986
"Die Zukunft ist düster. Was steht uns bevor? Sie führt dahin das sich der Charakter des Volkes verändert. Wir Schicken unsere Jugend in die Armee, dort erleben sie ein Paradox: Einerseits möchte die Armee eine Volksarmee sein, eine Art Pfadfindertrupp, der das Land aufbaut. Andererseits ist sie eine brutale Besatzungsarmee, die den deutschen Truppen im II. Weltkrieg ähnelt, wohlgemerkt ähnelt, nicht identisch ist. Ich spreche her nicht von dem Verhalten der Deutschen gegenüber den Juden, das war etwas ganz anderes, ich spreche hier davon wie sie sich gegenüber den Polen, Belgiern, Holländern, Tschechen und so weiter verhalten haben. Ich traue mich kaum es zu sagen, wir sind grausam geworden, auch uns selbst gegenüber. Aber vor allem gegenüber den Palästinensern, die wir beherrschen, mit der Ausrede den Terror zu bekämpfen."

 

Ami Ayalon Direktor 1996 - 2000
"Clausewitz, ein weiser Mann, wenn auch kein Jude, zumindest haben wir seine jüdischen Wurzeln noch nicht entdeckt, Clausewitz also hat vor etwa 200 Jahren gesagt, sinngemäß, Sieg bedeutet eine bessere politische Wirklichkeit zu schaffen. Das ist ein Sieg. Sieg schreibt uns nicht vor Gaza besetzen zu müssen, oder Rhamala, oder Nablus oder Hebron. Ich glaube mein Sohn der drei Jahre bei den Fallschirmjägern war nahm mehrfach an der Besatzung von Nablus teil. Hat uns das einen Sieg gebracht? Ich denke nicht. Hatten sie eine bessere politische Wirklichkeit geschaffen, für uns und die anderen? Sind wir unseren Nachbarn näher gekommen? Die Tragödie in der Debatte um Israels Sicherheit ist doch, wir wollen unsere frustrierende Situation nicht einsehen. Wir gewinnen zwar jede Schlacht, verlieren aber den Krieg."