Meine Erfahrungen mit Springers "Welt" und Southfront

Erster Akt - Southfront: Angefangen hat alles Ende des Jahres 2020. Ich habe auch eine Web-Site für Landkarten und Länderinformationen - geo-ref.net, die als Nebenprodukt meiner eigentlichen Tätigkeit - Consulting-Aufträge für EU und andere internationale Organisationen - entstanden ist. Diese Site und Kehrseite.net wurden beide 2013 angemeldet, wobei mein Hauptaugenmerk auf geo-ref.net lag, diese Site - kehrseite.net - hatte ich bis auf einige eher grafische Infos - Videos und Fotos - eher vernachlässigt. Auf Southfront bin ich gestoßen, da dort wöchentliche kartengestützte Infos über die Bürgerkriegsländer Syrien, Jemen, Berg-Karabach, die Ukraine und Libyen erscheinen, die ich neben anderen Daten für die Aktualisierung meiner eigenen Karten nutze. Da ich deren Arbeit nutzte bot ich an, unbezahlt, als Freiwilliger Southfront zu unterstützen. Man bat mich Artikel der englischen Seite ins Deutsch zu übersetzen, was ich dann etwas mehr als 2 Monate tat. Dann kam da ein extrem AFD-naher Artikel über Deutschland - er lag nicht auf meiner inneren Linie - so "vergaß" ich den Artikel zu übersetzen. In der Darstellung der US-Politik war Southfront sehr Biden-kritisch und Trump-nahe. Beides, trotz meiner geringen Erwartungen, die Biden-Regierung würde die in den deutschen Medien verkaufte vollständige Verbesserung der US-Politik bringen, ging mir die Parteinahme für Trump und die "Besetzer des Capitols" zu weit - ich stellte meine Arbeit für Southfront ein. Trotzdem, besuche ich auch heute die Seite weiter und finde einige Artikel interessant.

Zweiter Akt "Welt am Sonntag": Am letzten Werktag vor Ostern komme ich vom Einkauf nach Hause und sehe ein Paar auf der Treppe unseres Hauses stehen - erst dachte ich an die Zeugen Jehovas - doch es kam schlimmer - zwei Reporter der "Welt" - Christina Brause und Uwe Müller. "Können wir mit Ihnen über Southfront sprechen?"

Christina Brause - Welt.deDie beiden waren recht aufgeschlossen und sympathisch, ich willigte also, trotz meiner Aversion gegen die Springer-Presse ein. Wir setzten uns auf die Terrasse, tranken Kaffee und sprachen, etwa 2 Stunden. Beide hatten sich offensichtlich gut vorbereitet - sie kannten meinen Lebenslauf recht genau - bis hin zur Frage, warum habe ich mir meine Stasiakte nicht angeschaut - bei meinen DDR-Erlebnissen, etc. Wir sprachen etwa 2 Stunden, mehr Herr Müller und ich, Frau Brause machte sich Notizen.

Für mich war hauptsächlich die Frage interessant, wie sie auf mich gekommen waren. Ich wurde als Übersetzer auf Southfront nicht genannt, die mails mit Southfront liefen über ein Mail-Account welchen ich seit Jahren als zweit-mail für das Internet nutze, jedoch nie für persönliche Kontakte. Wie kommt man also von Southfront zu meinem Namen und meiner Anschrift?

Auf diese Frage wurde mit dem Verweis auf EU und NATO Dienststellen in den baltischen Staaten verwiesen, welche russische Cyberangriffe und Fake News bekämpfen sollen. Diese überwachen also augenscheinlich alle mails die an die Domain southfront gehen - oder sie haben denen die mail-Daten abgezweigt ... denn so interessant, dass man mich überwacht bin ich nun sicher auch nicht. Diese Institutionen haben auch die Möglichkeit den eher kryptischen mail-Namen meiner Zweit-mail mit meinem Namen zu verknüpfen - alles Fähigkeiten, welche die "investigativen Möglichkeiten" der "Welt am Sonntag" weit überschreiten.

Nun der beunruhigende Fakt ist dann, wie gelangen die dort "gewonnenen" Informationen an die "Welt am Sonntag"? Gezielte Indiskretion Marke Arbeitsteilung? Das wäre dann zumindest ein krasses Versagen des Datenschutzes dieser EU- oder NATO-Dienststelle.

Nun, wie ging es weiter? Am folgenden Wochenende erschien dann der hier verlinkte Artikel - der mir nach Veröffentlichung "nur zur Eigendokumentation" von Frau Brause überlassen wurde - was ich hiermit tue, ich dokumentiere meine Erfahrung mit der "Welt am Sonntag".

Was ist zum Artikel zu sagen? Erstens, ich bekam den neuen Titel "Hilfreicher Idiot" - Ist dies eigentlich schon eine Beleidigung oder Verleumdung? Aber zumindest "hilfreich" klingt gut ... Doch auch der Rest des Artikels hat es in sich. Alles was an Fakten geliefert wird lässt sich über Whois und Paypal im Internet in 3 Minuten zu "ermitteln" - die dahinterstehenden Namen von Akteuren sind dann auch kein Problem, deren Verknüpfungen sind dann alles Darstellungen ohne jeglichen Beweis ... was weitgehend stimmt ist mein Kontakt zu dem Southfront Redakteur René ... doch mehr ist nicht in diesem Artikel belegt. Soviel zu dem in unserem Gespräch auf der Terrasse erwähnten investigativen Qualitätsjournalismus.

Doch was mich am meisten verwunderte und ins Grübeln versetzte war, wieso sind die Fotos der russischen "Hauptakteure" so stark verpixelt, ich bin jedoch in "voller Schönheit" abgebildet. Warum sollte man diese mehr schützen als mich, "den hilfreichen Idioten"? Interessante Frage, zu der mir nur einfällt, dass die Geschichte doch nicht so sauber recherchiert wurde, oder das man ein X für ein U verkaufen wollte. Letztere steile Vermutung, lässt sich auch dadurch stützen, dass Southfront sich in den Syriendaten häufig auf die "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" in London beruft, eine der syrischen Opposition nahe stehende Organisation, welche speziell von Russland, aber auch in der Tagesschau bezüglich ihrer Objektivität teilweise angezweifelt wird. Also doch X=U?

Und noch ein eigentümliches, aber bezeichnendes Detail, die Klappstühle auf unserer Terrasse, die als "erwähnenswertes Detail" im Artikel enthalten sind, jedoch nicht existieren. Auf meinen diesbezüglichen Vorhalt antwortete Frau Brause wortwörtlich "die Klappstühle sind pure Beschreibung. Ich habe selbst Klappstühle und verbinde damit keinerlei Wertung." Hier wurde etwas beschrieben, was es nicht gibt ... Was beschreibt dies also? Warum und mit welchem Ziel wurden eine falsche "Beschreibung eingebaut"? Was verbinden Sie mit nicht existenten, der "Beschreibung" dienenden, Klappstühlen?

Ich habe im letzten Absatz die Zitate durch Anführungszeichen richtig gekennzeichnet - im Artikel war dies am Ende nicht der Fall. Die Anführungszeichen stehenden Worte "`Hilfreiche Idioten gibt es viele´" - Letzter Satz des Artikels, stammen nicht von mir, wie dies den Anschein erwecken soll. Der die beiden letzten Sätze des Artikels trennende Punkt hat dann sicher auch nur juristische Bedeutung - dann kann man immer sagen, die Aussage ist ja durch den Punkt getrennt - somit nicht mir zuzuschreiben wie es den Eindruck erwecken soll, nur falls es hart auf hart kommt.

Die Frage ist, wie es die EU sieht - ist der Artikel in der "Welt" nun schon Fake News - oder noch im Rahmen der ausdrücklich erlaubten parteiischen Berichterstattung? - also auch manipulative Berichterstattung erlaubt.

Zusammenfassend, die Personen waren sympathisch - doch kamen unangemeldet mit einem Ziel, durch Überrumplung ihre Story, deren Ursprungsinformation zumindest auf dubiosen Wegen zu dieser Zeitung gekommen ist zu untermauern, sei es durch Auslassung von Teilen unserer Unterhaltung, durch "fiktive Fakten - Klappstühlen", und schöpferische Satztechnik. Ich habe übrigens die Aufnahme von einem "Erinnerungsfoto" erlaubt - nicht die Veröffentlichung meines Bildes in der Zeitung, noch weniger als einzig sichtbare Person, oder auch die Einbindung meines Namens in den Keywords für die Internetsuche nach diesem Artikel.

Und, ich habe beschlossen Kehrseite.net wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Und ja, ich trinke keine Limonade mehr! ;)