Was ist Putins Strategie in der Ukraine?

26.02.2022 - 22:10

Ausgehend von Putins Zielsetzung die "Ukraine zu entnazifizieren" und die "Kriegsakte gegen russischstämmige Ukrainer zu unterbinden", hatte er angekündigt die Ukraine nicht besetzten zu wollen. Die derzeitigen militärischen Ergebnisse legen nahe, dass er dies ernsthaft meint. Die russischen Truppen haben mehrfach vor den großen Städten haltgemacht und sind widererwarten nicht in diese einmarschiert. Nun mag man argumentieren, dass er dadurch auch hohe eigene Verluste vermeidet – sicher richtig. Doch auf der anderen Seite vermeidet er so auch hohe Verluste unter der ukrainischen Bevölkerung in diesen Städten. Dies gilt besonders, nachdem die ukrainische Regierung mit der allgemeinen Bewaffnung der Bevölkerung begonnen hat. Hingegen legen ukrainische Berichte nahe, dass russische Eliteeinheiten in diesen Städten, speziell Kiew, in erbeuteten Fahrzeugen der Ukrainischen Nationalgarde unterwegs sind, da sie im Kommandostil die für sie interessanten Punkte angreifen und durchsuchen sollen. Ziel der Russen scheint es zu sein Militärbasen in der Nähe der großen Städte zu anzugreifen und zu neutralisieren. Dies scheint auch im Vormarsch der russischen Einheiten aus dem Süden, vorbei an Kiew, in Richtung der Luftwaffenbasis Gostomel geht und die Stadt Kiew rechts liegen lässt.

Noch sind die Frontverläufe recht unklar, beide Seiten veröffentlichen kaum entsprechende Nachrichten, doch klar scheint zu sein, dass lediglich um Sumy und Kharkiv die Russen direkt auf die Städte vorgestoßen sind, was aber daran liegen kann, beide Städte befinden sich an großen Straßen in unmittelbarer Nähe der Grenze. Ebenso brauchen die Russen im Süden den Vormarsch auf Kherson ab und haben die Stadt umgangen.

Nun, man muss sehen wie die militärische Entwicklung weitergeht, nach den anfänglichen Erfolgen der russischen Armee hat sich der ukrainische Widerstand erst jetzt verstärkt, da die ukrainische Armee augenscheinlich auf die östlichen Gebiete, gegenüber der beiden selbstdeklarierten Volksrepubliken, konzentriert wurde. Dafür spricht auch, dass sich die Gebietsgewinne im Osten der Ukraine kaum abschätzen lassen, da die Meldungen von dort von beiden Seiten recht lückenhaft und spärlich sind.

Abschließend noch einige Worte zu der in den Mainstream-Medien nur mit Hohn bedachten "Begründungen" Putins die "Ukraine zu entnazifizieren" und die "Kriegsakte gegen russischstämmige Ukrainer zu unterbinden".

Fakt ist, dass der "Rechte Block" in der Ukraine erheblichen Einfluss auf die Politik des Landes nach 2014 nahm, deren Führungskräfte übernahmen höchste Staatsämter – darunter die des Generalstaatsanwaltes. Diese abgehobene Position resultierte aus dem großen Anteil, den diese Bewegung – später Partei, an der Maidanbewegung 2014 hatte. Sie war die Speerspitze der protestierenden Ukrainer gegen Regierungsvertreter, vorwiegend paramilitärisch organisiert. Einher ging diese Entwicklung mit dem "Austausch" der früheren Lenin-Denkmale in der West-Ukraine mit denen die Stepan Banderas. Er wurde unter der Regierung von Juschtschenko zum Nationalhelden deklariert. Präsident Janukowytsch – Nachfolger von Juschtschenko ließ dies per Gerichtsentscheid 2011 rückgängig machen, übrigens der gleiche Janukowytsch, der 2014 aus dem Amt gejagt wurde.

Da die Bandera zeitweise unterstellte Ukrainische Aufständigenarmee (UAA) intensiv mit den deutschen Besatzungstruppen kooperierten, das Massaker von Lemberg wird dieser Truppe zugeordnet, als auch deren Mitglieder in großer Zahl zu den SS-Wachmannschaften der deutschen KZ´s gehörten, wurde dies auch von anderen Staaten, wie Polen, der Slowakei und Israels, als faschistoide Entwicklung verurteilt. Es soll noch erwähnt werden, dass der in den ehemaligen Sowjetländern gefeierte "Tag des Verteidigers der Nation", der den siegreichen Trupen im II. Weltkrieg gilt, von der Regierung Poroschenkow – Vorgänger des aktuellen Präsidenten – auf den 14. Oktober verlegt wurde – auf den Tag der Gründung der bereits dargestellten Aufständigenarmee (UAA). Es soll noch erwähnt werden, dass die UAA von 1945 bis 1956 erst eigenständig, nach Beginn des kalten Krieges, von den westlichen Geheimdiensten unterstützt, aktiv Sabotage und Angriffe auf regionale Funktionäre und Einrichtungen in der Ukraine, Polen und der Tschechoslowakei verübte. Die Angriffe richteten sich auch gegen die Zivilbevölkerung und Juden. Die CIA schätzte, dass 1945 bis 1951 etwa 35.000 Menschen von der UAA getötet wurden. Mitkoordiniert wurden diese Akte von Stepan Bandera, der in München bis zu seiner Ermordung unbehelligt lebte.

Neben diesem neuen ukrainischen Bandera-Kult soll nochmals auf den "Rechten Sektor" und die Partei "Swoboda" verwiesen werden. Die Sturmtruppe dieser ultra-rechten Gruppen ist das Asow-Regiment, welches sich 2014 als Bataillon auf dem Maidan aufgestellt und paramilitärisch ausgebildet wurde, übrigens auch mit US-Hilfe. Das Regiment, für 2017 wird dessen Stärke auf 2.500 Söldner, Ukrainer und ausländische Neo-Nazis geschätzt, wurde dann als Sondereinsatz-Regiment in die reguläre ukrainische Armee eingegliedert. Die Leitungsstruktur blieb personell bis auf einen Anführer unangetastet. Der fehlende Anführer wurde unter dubiosen Umständen erschossen, er hatte sich gegen die Eingliederung zur wehr gesetzt und wollte das Regiment als unabhängige Einheit weiter betreiben.

Das Asow-Regiment ist seit 2014 in der Ost-Ukraine stationiert und kämpft gegen die selbstdeklarierten Volksrepubliken. Viele der Verstöße gegen die vereinbarte Waffenruhe nach den Minsker Abkommen wurden von der OSZE, welche die Waffenruhe überwachte, diesem Regiment zugeordnet. Bei diesen kamen von Scharfschützen bis zu Artillerieangriffe vor, die auch rein zivile Strukturen in den selbstdeklarierten Volksrepubliken zum Ziel hatten.

Das Asow-Regiment hat die Wolfsangel-Rune in ihrem Truppenabzeichen, ein von der SS in deren Divisionskennzeichen genutzte Rune – u.a. 2. SS-Panzer Division "Das Reich". Es sind auch Fotos der Truppen mit Hakenkreuzen, auch von neutralen Quellen, veröffentlicht worden.

Nun, dies ist in der Kürze die Erklärung, wieso Putin von einer notwendigen "Entnazifizierung der Ukraine" und von "Kriegsakte gegen russischstämmige Ukrainer zu unterbinden" sprach. Russland ist speziell bezüglich der Geschichte des II. Weltkrieges sehr sensibel, es hatte mit 20 – 27 Millionen, je nach Quellenangabe, die höchsten Opfer zu verzeichnen. Auch daraus sollte sich eine "spezielle Verantwortung für die Außenpolitik" Deutschlands ergeben.

Dass man diese Erklärungen in den Mainstream-Medien unterdrückt macht keinen guten Eindruck!