10.03.2021
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Vorab: Gestern war der 67. Jahrestag der Befreiung, der quasi heute erst mit einigen wenigen Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen begangen wurde. Und diese waren fast vollständig dem bürgerlichen Widerstand gegen das NS-Regime gewidmet, sicher sehr mutige Menschen, doch es gab auch andere Gruppen, daher eigentlich ein schlechtes Zeugnis für uns.
Stellt man dies Frage wer Deutschland gespalten hat, zum Beispiel meinen Töchtern, dann ist die Antwort die Russen, oder die Alliierten. Genauer wird dies meist nicht begründet, im Gymnasium wurde in Geschichte dieses Problem weitgehend offen gehalten. Nun meine Antwort steht - Mit dem aufkommenden kalten Krieg zunehmend mehr die US-Politik und deren westdeutscher Statthalter Konrad Adenauer, während die Russen für ein freies, vereintes und neutrales Deutschland waren und dies mehrfach bewiesen. In diesem Zusammenhang ist das Beispiel Österreichs sehr illustrativ - denn Österreich war die Deutschland in 4 Zonen geteilt und ist diesen von Russland favorisierten Weg gegangen, mit positiven Ergebnissen für das Land. Doch der Reihe nach.
Nach dem Kriegsende 1945 wuchsen die Gegensätze und Spannungen zwischen der UdSSR und den westlichen Alliierten, speziell den USA und Großbritannien. Dies fand seinen Ausdruck in der Aufstellung des westlichen Grenzschutzes, wesentlich durch ehemaliges Militärpersonal der Wehrmacht, oder mit der Installation der Organisation Gehlen durch die US-Amerikaner, welche wesentlich gegen die sowjetischen Interessen arbeitete. Dabei setzten die Westmächte frühzeitig auf eine westdeutsche Eigenstaatlichkeit und Wiederbewaffnung, welche von US-Seite von Allen W. Dulles - späterer CIA-Chef - voran getrieben wurde, der seit den frühen 40er Jahren für US-Geheimdienste in Europa arbeitete. Dieser stützte sich in Deutschland auf Konrad Adenauer, konservativer Chef der CDU.
Die geplante Eigenstaatlichkeit wurde mit der Gründung der Bi-Zone - US- und britischer Sektor 1946 eingeleitet und dann 1948 mit der Einbeziehung der französischen Besatzungszone in die sogenannte Tri-Zone eingeleitet. Der nächste Schritt zielte auf die wirtschaftliche und währungspolitische Trennung. So wurde die "Bank der Länder" - als westdeutsche Zentralbank - gegründet, welche die Währungsreform vorbereitete. Zweieinhalb Monate später zog die sowjetische Besatzungszone nach. Am 21.06.1948, mit der Gründung der Tri-Zone, wird in dieser die Währungsreform in Westdeutschland durchgeführt. Obwohl die westlichen Militärgouverneure zusicherten, die Währungsreform nicht auf West-Berlin auszudehnen, wird diese einseitig und nicht-koordiniert auf die Westsektoren der Stadt ausgedehnt. Durch die damals noch offene Grenze in Berlin wurden im Westteil, wegen der Umtauschrestriktionen, wertlos gewordene Banknoten massenhaft nach Ostberlin geschmuggelt, was zu Milliardenschäden im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands führte. Als Antwort auf die so provozierten Angriffe auf die Wirtschaft der sowjetischen Zone erfolgte die Sperrung der Land- und Flusszugänge nach Berlin - die Berlin Blockade - und die Berliner Luftbrücke.
Zur Schadensbegrenzung führte man in der sowjetischen Besatzungszone Aufkleber ein, welche auf die in legaler Zirkulation befindlichen Geldscheine als Zertifikat geklebt wurden.
Die von den Alliierten besetzten Gebiete schlossen Deutschland und Österreich ein. Die Besatzungszonen - vor der BRD-Gründung stellt die folgende Karte dar.
Der nächste Schritt zur Teilung Deutschlands war die Herstellung einer Eigenstaatlichkeit der Tri-Zone - welche übrigens das Saarland nicht einbezog, für dieses war nach den französischen Plänen der Anschluss an Frankreich geplant. So wurde am 23.05.1949 die Bundesrepublik Deutschland (BRD) gegründet. Die Gründung der DDR - hervorgegangen aus der sowjetischen Besatzungszone - erfolgte dann am 07.10.1949 - also ebenfalls zeitlich nach der Adenauerschen Staatsgründung.
Die Adenauer Regierung priorisierte dabei die Westintegration der BRD und deren Wiederbewaffnung. Administrativ stützte sie sich dabei wesentlich auf Personal, welches schon in der Verwaltung und in Polizei, Justiz und Militär der Nazizeit aktiv tätig war, und welches zum Teil auch an den Verbrechen des Naziregimes direkt beteiligt war. Beispiele dafür gibt es viele, von Adenauers direkten Vertrauten, Ministerialdirigenten und Staatsekretär im Kanzleramt Hans Globke - er schrieb die Kommentare und Ausführungsbestimmungen des berüchtigten "Gesetz zum Schutze der Erbgesundheit des deutschen Volkes" und anderen Rassengesetzen. Gleiches gilt für weitere Personen, wie Theodor Oberländer, Hans Filbinger oder Kurt Georg Kiesinger, späterer Bundeskanzler der BRD, und viele andere.
Diese personellen Probleme der Regierung der BRD wurden von der DDR in den Braubüchern "Braunbuch - Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik"und in Westberlin offen dargestellt, jedoch meist als kommunistische Propaganda abgetan, die Betroffenen wurden dann meist pensions-freundlich in den Ruhestand versetzt.
In der BRD war eine allgemeine "Schlussstrich-Mentalität" aufgekommen, welche dann auch die umfassende Amnestie fast aller NS-Kriegsverbrecher der Nürnberger Folgeprozesse einbezog, die schon am 31.01.1951 vom Hohen Kommissar McCloy verkündet wurde. Diese bezog SS-Ärzte aus den KZs, die Ausführenden der Massenmorde an Juden in den besetzten Gebieten - Einsatzgruppenprozess, Generale der Wehrmacht. aber auch Krupp und seine Manager ein, die wegen der unmenschlichen Ausbeutung von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern in seinem Betrieb verurteilt wurden. In diesem Sinne wurde die BRD auch direkt Rechtsnachfolger des III. Reiches - bis hin zu Pensionszahlungen für diese Personen. Übrigens, die meisten konnten später auch nicht für ihre Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden, da sie ja bereits für diese eine Haftstrafe verbüßt hatten. So wurden aus Todesurteilen erst 10 Jahre, und dann nach 6 Jahren wurden sie entlassen, andere gingen direkt zum US-Militär oder zum US-Geheimdienst.
In diese brisante Situation platzen die 3 Stalin-Noten, die eine deutsche Wiedervereinigung - laut Adenauer das höchste Ziel seiner Tätigkeit - anbot, analog zu dem von Österreich eingeschlagenen Weg. Ziel der UdSSR war es zwischen dem entstehenden NATO-Block und den Staaten unter dem Einfluss der UdSSR neutrale Staaten zu haben, was sich beruhigend auf die Spannungen in Europa ausgewirkt hätte.
Der Inhalt der Stalin-Noten kann so resümiert werden:
Politische Leitsätze
1. Deutschland wird als einheitlicher Staat wiederhergestellt. Damit wird der Spaltung Deutschlands ein Ende gemacht, und das geeinte Deutschland gewinnt die Möglichkeit, sich als unabhängiger, demokratischer, friedliebender Staat zu entwickeln.
2. Sämtliche Streitkräfte der Besatzungsmächte müssen spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des Friedensvertrages aus Deutschland abgezogen werden. Gleichzeitig werden sämtliche ausländischen Militärstützpunkte auf dem Territorium Deutschlands liquidiert.
3. Dem deutschen Volke müssen die demokratischen Rechte gewährleistet sein, damit alle unter deutscher Rechtsprechung stehenden Personen ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion die Menschenrechte und die Grundfreiheiten genießen, einschließlich der Redefreiheit, der Pressefreiheit, des Rechts der freien Religionsausübung, der Freiheit der politischen Überzeugung und der Versammlungsfreiheit.
4. In Deutschland muss den demokratischen Parteien und Organisationen freie Betätigung gewährleistet sein; sie müssen das Recht haben, über ihre inneren Angelegenheiten frei zu entscheiden, Tagungen und Versammlungen abzuhalten, Presse- und Publikationsfreiheit zu genießen.
5. Auf dem Territorium Deutschlands dürfen Organisationen, die der Demokratie und der Sache der Erhaltung des Friedens feindlich sind, nicht bestehen.
6. Allen ehemaligen Angehörigen der deutschen Armee, einschließlich der Offiziere und Generale, allen ehemaligen Nazis, mit Ausnahme derer, die nach Gerichtsurteil eine Strafe für von ihnen begangene Verbrechen verbüßen, müssen die gleichen bürgerlichen und politischen Rechte wie alle anderen deutschen Bürger gewährt werden zur Teilnahme am Aufbau eines friedliebenden, demokratischen Deutschland.
7. Deutschland verpflichtet sich, keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse einzugehen, die sich gegen irgendeinen Staat richten, der mit seinen Streitkräften am Krieg gegen Deutschland teilgenommen hat.
(…) Das Territorium Deutschlands ist durch die Grenzen bestimmt, die durch die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz der Großmächte festgelegt wurden.
Wirtschaftliche Leitsätze
Deutschland werden für die Entwicklung seiner Friedenswirtschaft, die der Hebung des Wohlstandes des deutschen Volkes dienen soll, keinerlei Beschränkungen auferlegt. Deutschland werden auch keinerlei Beschränkungen in Bezug auf den Handel mit anderen Ländern, die Seeschifffahrt und den Zutritt zu den Weltmärkten auferlegt.
Militärische Leitsätze
1. Es wird Deutschland gestattet sein, eigene nationale Streitkräfte (Land-, Luft- und Seestreitkräfte) zu besitzen, die für die Verteidigung des Landes notwendig sind.
2. Deutschland wird die Erzeugung von Kriegsmaterial und -ausrüstung gestattet werden, deren Menge oder Typen nicht über die Grenzen dessen hinausgehen dürfen, was für die Streitkräfte erforderlich ist, die für Deutschland durch den Friedensvertrag festgesetzt sind.
Die Vorschläge Stalins vom 19.03., 09.04. und 24.05.1952 wurden umgehend von den USA und der BRD-Regierung abgelehnt, und als russische Propaganda abgetan. Das dies nicht so war zeigt das Beispiel Österreichs.
Österreich hatte mit seinen Verhandlungen über die Wiederherstellung seiner Eigenstaatlichkeit früh begonnen,und nach dem Motto, das erste Opfer Nazi-Deutschlands gewesen zu sein, eine zentrale Aufgabe der Regierung, welche jahrzehntelang eine Koalition der sozialdemokratischen SPÖ und der bürgerlichen FPÖ war. Die entscheidende Rolle in den Vereinbarungen kam dabei Bruno Kreisky zu, der die nationalen Interessen seines Landes vor die militärischen Interessen der USA stellte. So wurde am 15.05.1955 der Staatsvertrag Österreichs mit den Alliierten unterzeichnet, der Österreich zwei Monate später die volle Souveränität wieder gab und zum Abzug aller alliierten Truppen bis Ende Oktober 1955 führte.
Die DDR unternahm weitere Versuche bezüglich einer Wiedervereinigung - die Diskussionen unter dem Motto "Einheit vor Reinheit" verebbten erst Ende der 50er Jahre.
Abschließend soll noch kurz erwähnt werden, Adenauers Remilitarisierungspolitik wurde mit der Gründung der Bundeswehr am 12.11.1955 gekrönt, die DDR zog am 01.03.1956 mit der Gründung der NVA nach. 1957 wurde dann in der DDR eine Währungsreform durchgeführt.
Die Teilung Deutschlands wurde mit dem Mauerbau am 13.08.1961 zementiert und konnte erst 1990 überwunden werden.
Nun bilden Sie sich ein Urteil - Wer hat Deutschland gespalten - die Russen oder Adenauer mit seinem Freund Dulles und den US-Präsidenten Trumen und Eisenhower.
Interessante Nachträge
Globkes Handarchiv und alle in seinem Besitz befindlichen Unterlagen liegen heute bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und sind daher nicht den staatlichen Vorschriften auf Zugang und Offenlegung für Forschungszwecke unterworfen. Die KAS geht übrigens sehr restriktiv mit diesen, von ihr als GEHEIM eingestuften Unterlagen um, sie sind bisher noch nicht von unabhängigen Historikern ausgewertet worden - auch wenn dies 2013 angeblich geändert wurde. Stand 2021.
Warum wird die doch quasi analoge
Geschichte Österreichs in dieser Zeit nicht auch in den
Geschichtsbüchern dargestellt? Ich habe davon, weder im Osten, noch
im Westen, eine klare Darstellung gesehen.