Die Waffen schweigen in Gaza - "Der Gewinner heißt Benjamin Netanyahu" titelt der Spiegel in seinem  Ausland-Ressort

Und dies stimmt, dank der verkürzten Berichterstattung - er hat die rechten in Israel wieder hinter sich vereint - wichtige Voraussetzung für die nun vierte Wahl innerhalb von 2 Jahren, da die rechten Parteien zwar eine Mehrheit gewannen, jedoch untereinander keine Koalitionsvereinbarung mit der Likud unter Netahyahu abschließen wollten. Nun, um die nächsten Wahlen zu gewinnen war es lediglich erforderlich etwas Benzin in das Feuer der Auseinandersetzung mit den Palästinensern zu gießen ... was sind schon ein paar Tote Israelis und die mehr als zehnfache Anzahl toter Palästinenser, das verzeihen die rechten Wähler in Israel ... und die westlichen Medien auch.

Doch was hat sich geändert? Wie sieht die Bilanz für die Palästinenser aus? Über 200 Tote, darunter viele Zivilisten. Große Zerstörung überall, "denn man musste ja die unterirdischen Tunnel zerstören ... ". Es ist sicher, dass es derartige Tunnel gibt, speziell die grenzunterquerenden Tunnel, die zum Transport von Schmuggelware nach Gaza dienen, den Israel kontrolliert seit Jahren alles was nach Gaza gebracht wird, auch an den Übergängen nach Ägypten. Auch den Seeweg, wie 2010 der Mavi Marmara Zwischenfall zeigt, als israelische Spezialkräfte das Schiff enterten und 10 Türken, davon einer mit US-Pass, unter zweifelhaften Umständen töteten *.

Nun, da der Verlauf der Tunnel nicht nachprüfbar ist, so sind also alle israelischen Bomben und Raketen richtig und notwendigerweise abgeworfen worden ... Die alte Geschichte ... Israel wird von den westlichen Staaten ein Persilschein ausgestellt, sie verteidigen sich ja nur, aber die Palästinenser fühlen sich permanent seit Jahrzehnten von ihnen angegriffen, drangsaliert und unterdrückt. Haben vielleicht beide recht? Ist ersteres, die Angriffe der Palästinenser, vielleicht die Antwort auf die israelische Unterdrückung? Dies ist die Ursache, und sie wird erst beseitigt, wenn auch die Palästinenser eine lebenswerte Perspektive haben. Unter den jetzigen Bedingungen haben sie diese weder im Ghetto Gaza, noch in den vielen kleinen Ghettos im Westjordanland. Alle Zugänge zu diesen werden von den Israelis kontrolliert, alle finanziellen Mittel für die Palästinenser werden von ihnen "verwaltet".

Was erwartet man, was kann man erwarten, von Generationen von Menschen, die unter Bedingungen der Unterdrückung heranwachsen? Sie sehen wie ihre Kinder beschossen werden - mit scharfem Schuss - die Steine auf gepanzerte Fahrzeuge des israelischen Militärs werfen. Das israelische Militär macht in ihrem Lande was es will. Die erleben, wie ihre geringen Errungenschaften im Aufbau des Landes alle 2 bis 3 Jahre zerbombt werden. Sie können in ihrem Lande nicht bis zu dessen Grenze gehen, weil Scharfschützen der israelischen Armee - im "Life-Training" auf sie schießen, nach eigenen Aussagen bevorzugt auf die Kniescheiben ... Wenn sie sich im Westjordanland über 20 km bewegen wollen, in der unter palästinensischer Selbstverwaltung stehenden Gebieten, um zu Arbeiten, Freunde oder Familien zu besuchen, müssen sie 3 bis 4 Kontrollen durch israelisches Militär unter an Schikane grenzenden Bedingungen über sich ergehen lassen, ganz zu schweigen von Reisen von Gaza nach der Westbank. Was erwarten wir dann, wie sich junge Leute entwickeln, die fast alle Getötete in der eigene Familie haben? Sie radikalisieren sich, oder besser die Umstände radikalisieren sie, oder genauer - die israelische Besatzungsmacht und deren Angriffe. Viele israelische Politiker und Militärs haben vor dieser Situation gewarnt, selbst der Haudegen Mosche Dajan, einer der Architekten des Sieges des 6-Tage-Krieges warnte davor, er suchte den Dialog mit den Palästinensern **. Doch seit der Likud-Block an der Macht ist hat sich Israels politische Ausrichtung immer mehr nach Rechts verschoben, der Krieg wurde zum politischen Disziplinierungsmechanismus des konservativen israelischen Wahlvolks - stetig und unnachgiebig.

In sofern, Netanyahu war der Sieger ...

Die deutsche Politik muss dies anerkennen und lernen, dass ihre stetige Bevorteilung der israelischen Regierung nicht haltbar ist. Die Regierung Israels trägt erhebliche Verantwortung für die Zuspitzung der Lage, was die palästinensischen Raketen nicht entschuldigt, aber sie waren vorhersehbar - und boten den gewünschten Anlass Gaza anzugreifen und zu verwüsten.

Nicht alle Kritik an der Regierung Israels darf unter dem Stichwort Antisemitismus abgetan werden. Noch weniger, wenn sie von israelischen Quellen kommen, welche regierungskritisch berichten. Deutschland sollte konsequenter für die Rechte der Palästinenser eintreten - die in Palästina - allen drei Zonen - und in Israel selbst leben.

Hier geht es zu B’Tselem und hier zu +972 Magazine - beides Sites der  israelischen Friedensbewegung in Englisch - sehr gut.

 

*     Es lohnt sich den Wiki-Beitrag zu lesen - auch in anderen Sprachen als lediglich in deutsch und englisch - speziell die "entlastende Einlassung" von Greta Berlin - die ist weder auf deren Seite noch in anderen außer den beiden genannten Sprachversionen vermerkt. Ein interessantes Beispiel der Expertise und deren Deutung von Wikipedia.

**    Dayan schreibt in seinen Memoiren, er habe gegen israelische Widerstände die Verwaltung des Tempelbergs den palästinensischen Behörden übertragen. Ziel war es einen Konfliktpunkt zu vermeiden. Heute ist dies mit den Aktionen des Militärs nach den Freitagsgebeten umgekehrt worden - schon die Massive Präsenz des Militärs auf dem Vorplatz der Al Aqas Mosche provoziert stetige Ausschreitungen.